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Lear am Brett und trotzdem Shakespeare

Datum: 
Do 25.10.2012
Uhrzeit: 
20 Uhr

Lear am Brett und trotzdem Shakespeare


Fotos: Jakub Kavin

Der König ist ohne Krone.  Lediglich Lear - ein elender Mann.  Im Elend erkennst du den Freund.  Aber Lear ist allein. Es begleitet ihn nur sein  beißendes  Gewissen - der Narr - und Cordelias Liebe, wegen der sie sterben musste. Lear ist nackt. Nackt wie ein Kind, das in der Stunde des Kindestodes geboren wurde.
Aus nichts kann nichts entspringen…hören wir in dem Augenblick noch König Lear unmittelbar nach dem Anfang des Stückes sagen. Und bald steht er vor nichts da, wegen nichts ist seine Welt zerstört. Man kann nichts aus nichts machen…sagt er etwas später seinem Narren. Aber durch dieses nichts verändert sich seine Optik, die Welt bekommt eine andere Dimension. Wahnsinn mischt sich mit transparenterer Aufnahme der Realität, sein bisheriges Leben bekommt andere Konturen.

ES SPIELT - LUDVÍK KAVÍN

REGIE - ANDREA BURŠOVÁ
DRAMATURGIE - NIKA BRETTSCHNEIDER,  
LICHT DESIGN - ANDREAS ZEMANN

 

Rezensionen:

Wie brandaktuell Sheakespeare heutzutage sein kann, erlebt man, wenn man in diesen Tagen im "Theater Brett" den Direktor dieses verdienstvollen Unternehmens als alt gewordenen König Lear erlebt. Nicht anders, als viele uralt Gewordene in unserer Zeit, erleidet er das bedauernswerte Los des Greises, der seinen Besitz in gutem Glauben an seine Kinder verschenkt hat und nun von diesen erfahren muß, daß ihm mit diesem Besitz auch sein Wert als Mitglied der Gesellschaft verloren gegangen ist. Er muß erfahren, daß nichts mehr gilt, wer nicht mehr zu verschenken hat, eine Erfahrung, die, wie uns Shakespeare hier lehrt, Menschen zu allen Zeiten gemacht haben und vermutlich auch in Zukunft immer wieder machen werden. Dies jedenfalls bildet die Essenz des von Nika Brettschneider geschickt auf eine tragische Handlungsminiatur zusammengeschnittenen Dramas. Ludvik Kavin ist ein erschütternder, naiv auf die Schmeicheleien zweier Töchter hereingefallener und die einzig ehrliche dritte Tochter zuletzt schmerzlich beweinender Exkönig, der jungen Sängerin aus Brünn,  Andrea Bursová., die mit ihrer wunderschönen Stimme und mit faszinierender Musikalität die Handlung begleitet und untermalt, (und die auch die Regie geführt hat) würde man sehr gerne noch viel länger zuhören. Wahrscheinlich hat der eine oder die andere der Zuschauer, während die Handlung vor ihm auf der Bühne ablief, darüber nachgedacht,  daß in der österreichischen Politik während der vergangenen Tage intensive Debatten über Erbschaft- und Schenkungssteuern und von der Versorgung der Alten die Rede gewesen ist!

Ilse Tielsch

 

Eine unbehagliche Fahrt mit der Shakespear'schen Geisterbahn durch die dunkelsten Abgründe unserer Seelen, verstörend und berauschend - unaufhalltsam löst sich das Leben von König Lear auf, das an moralischen Fragen zerbricht und zwischen berühmten Monologen des wohl bekanntesten britischen Dramatikers zermalmt wird. Der Feenstaub einer Glockenstimme gerät zur düsteren Vorahnung. Die filigrane Regiearbeit von Andrea Bursová glänzt durch Fingerspitzengefühl
und Bedachtheit.

Armin Baumgartner

 

Das Augenzwinkern, das sich schon aus dem Titel des Stückes herauslesen lässt, ist bezeichnend für das Theater Brett in der Münzwardeingasse im 6. Bezirk von Wien. Hier wird sich was getraut. Und so kann der König Lear, der alleine auf der Bühne steht und mehr wie ein trauriger Clown, als der große König anmutet, auch ohne großes Bühnenbild oder Ensemble überzeugen. Es sind die guten, frischen Ideen, die die Aufführung zu einem Erlebnis machen und der Charme des Theaters, die Liebe der Theatermacher, die einem aus jeder Fuge des Gebäudes entgegenströmt und einem das Gefühl gibt, hier mehr als willkommen zu sein. Theater zum Wohlfühlen. Auch wenn das Stück kein leichtes ist, so leidet man gerne mit dem König mit, der von seinen Töchtern enttäuscht wird und die einzig gute Tochter verstößt. Man kann den Mann verstehen, der vom eigenen Hochmut und Fehleinschätzungen an die Grenzen des Wahnsinns getrieben wird. Es ist weniger der große König, mit dem man mitfühlt, sondern die gescheiterte Existenz. Eine Paraderolle für Ludvik Kavin, dem verschrobene Charaktere auf den Leib geschrieben sind. Er glänzt besonders in der Zwiesprache mit dem Hofnarren, Kavin in Personalunion, einzig erkennbarer Unterschied die Lupe vorm markanten Gesicht, die den Mund in den Mittelpunkt rückt, der nur verzerrt Wahrheit sprechen kann. Aus wenig viel machen. Das gezielt eingesetzte Lichtkonzept, die Kreide auf dem schwarzbraunen Holzboden, die verschiedenen Türen, die Lear in unterschiedliche Realitäten stolpern lässt, in denen er sich nicht zurechtfinden kann, die Stimmen aus dem Off, der zerschlissene Umhang als Königsrobe – all das macht das Stück ohne Effekthascherei lebendig. Viel Liebe zum Detail steckt da drin und das ganze ohne viel Geld. Mit geringen Mitteln viel erreichen, das kann und muss man am Theater Brett, weil es vielerorts vergessen worden zu sein scheint. Ich hoffe auf ein Wiederfinden, ein Wiederentdecken, es würde sich lohnen! So, dass Ludvik Kavin, Nika Brettschneider und das Theater Brett Team noch oft die Möglichkeit haben, ihr kreatives Talent unter Beweis zu stellen. Mein Fazit: Wenig Geld, viel Liebe und trotzdem großes Theater.


Jessica Lind

 

Karten: Einheitspreis                    16 Euro

           Clubs (Ö1/ÖAMTC/ARBÖ) 12 Euro

           SeniorInnen/StudentInnen  10 Euro

           Gruppen nach Absprache

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