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Nika Brettschneider

Nika Brettschneider war eine Persönlichkeit mit vielen Gesichtern – Schauspielerin, sowohl auf deutsch wie auch auf tschechisch, Regisseurin, Theaterleiterin, Schauspieldozentin, Österreicherin tschechischer Herkunft, Unterzeichnerin der Charta 77. Und - sie ging nie den leichtesten Weg, nur weil er der leichteste war.
Geboren wurde sie am 9. Februar 1951 in Ostrau (Ostrava) als Zdeňka Brettschneiderová, begann schon in jungen Jahren, sich für Theater zu interessieren und Schauspielkurse zu besuchen, bis sie 1969 an der JAMU, der Janáček-Akademie für Musik und darstellende Künste in Brünn, als Schauspielstudentin aufgenommen wurde. Hier zeigte sich auch schon früh ihr Wille zum unbedingten Eintreten für das, was sie für sich als richtig erkannt hatte. So weigerte sie sich 1971 bei den ersten, angeblich freien Wahlen in der Tschechoslowakei nach der Niederschlagung des Prager Frühlings, die in Wirklichkeit nur der Selbstbestätigung des Regimes dienen sollten, konsequent, zur Wahlurne zu gehen, und zwar als einziger Mensch an der gesamten Akademie. Nur fast wie durch ein Wunder entging sie damals dem Rausschmiss von der Schauspielschule, und eventuell noch unangenehmeren Folgen. Das hinderte sie nicht darin, sich auch weiterhin politisch keinesfalls vereinnahmen zu lassen – bis hin zur Unterzeichnung der Charta 77, gemeinsam mit ihrem Ehemann Ludvík Kavín, woraufhin beide samt Kind die Tschechoslowakei verlassen mussten.

In Österreich wurde sie anfänglich mit offenen Armen empfangen, der Familie wurde auf unbürokratischem Wege die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Und schon kurz darauf setzten Brettschneider und Kavín in Wien ihre Theaterarbeit fort, erst als freie Theatergruppe, aufgrund der Sprachbarriere zunächst oft mit nonverbalen Stücken. 1982 wurde Nika Brettschneider mit dem Fördeurngspreis der Kainzmedaille ausgezeichnet, und 1984 wurde dann endlich, mit viel Eigenarbeit und hohem finanziellem Risiko, eine verlassene Fabrikshalle in Wien-Mariahilf in ihr eigenes, persönliches Theater verwandelt - das „Theater Brett“. Aber damit hörten die Schwierigkeiten längst nicht auf – auch wenn die politischen und verwaltungstechnischen Widerstände in Österreich anderer Art waren als damals in der ČSSR, waren sie doch nicht weniger kraftraubend, und teilweise existenzbedrohend. Mehr als einmal war das kleine Theater von der Schließung bedroht. Aber auch hier galt immer wieder Nika Brettschneiders Maxime: nicht aufgeben, nicht nachgeben, immer weiter kämpfen um das, was einem wichtig ist.Über dreißig Jahre lang war sie, gemeinsam mit ihrem Mann, Theaterdirektorin, sie inszenierte, spielte, kümmerte sich um alles. Und daneben fand sie auch noch Zeit, als Schauspiellehrerin zu arbeiten – an der JAMU in Brünn, wo sie selbst einmal ausgebildet worden war und nun ein eigenes Schauspielatelier leitete. 2007 wurde ihr der Professorentitel verliehen.

Am 30. Juni 2018 ist Nika Brettschneider an den Folgen einer schweren Krankheit verstorben – nicht bevor sie die Studentinnen und Studenten ihrer neuen Schauspielklasse noch bis zum Abschluss des ersten Jahrganges begleitet hatte. Heute, am 9. Februar, hätte sie ihren 68. Geburtstag gefeiert.


 

 



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